Tschüss DRG-System?

Dec 9, 2022
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iStock/sudok1

BRAINWAVE INSIGHTS

Revolution im Gesundheitssystem?

Ein Jahr ist Prof. Dr. Karl Lauterbach im Amt des Bundesgesundheitsministers und passend zum nahenden Jahreswechsel werden in der Gesundheitsszene die ersten Zwischenfazits zu seiner Amtszeit gezogen. Auf der Liste seiner Verdienste könnte bald vielleicht auch eine revolutionäre Krankenhaus-Reform landen, welche er am Dienstag in einer Pressekonferenz vorstellte.

Das Problem mit dem DRG-System

Das DRG-System wurde bundesweit in 2003 als Fallpauschalensystem eingeführt und wird seitdem zur Abrechnung von Behandlungsfällen im Krankenhaus verwendet. Anders als bei zeitraumbezogenen Vergütungsformen erfolgt die Vergütung im DRG-System je medizinischer Leistung und Behandlungsfall. Dies bringt einige grundsätzliche Probleme mit sich. Für ein Krankenhaus lohnt es sich finanziell einen Patienten möglichst billig zu behandeln. Außerdem können Krankenhäuser ihre Umsätze nur erhöhen, wenn sie mehr Fälle behandeln und Leistungen abrechen. Insgesamt sorgt das DRG-System also dafür, dass immer mehr Fälle für immer weniger Kosten behandelt werden müssen. Letztlich leidet die Qualität der Patientenversorgung darunter.

Lauterbach dringt auf Krankenhaus-Reform

Der Gesundheitsminister bezeichnet das DRG-System in der Pressekonferenz als "Hamsterrad" für Krankenhäuser und betont, dass diese Form der Abrechnung auch europaweit einzigartig sei. Seit Mai arbeitet die 17-köpfige Regierungskommission an einer Reform des DRG-Systems. Folgende Vorschläge hat die Kommission erarbeitet:

  1. Vergütung von Vorhalteleistungen: Krankenhäuser sollen neben den Fallpauschalen einen festen Geldbetrag erhalten, um den wirtschaftlichen Druck zu mindern. Auch Krankenhäuser in ländlichen Gebieten sollen so abgesichert werden.
  2. Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen: Krankenhäuser sollen in drei Versorgungsstufen eingeordnet werden: (1) Grundversorgung, (2) Regel- und Schwerpunktversorgung und (3) Maximalversorgung. Für jede Stufe sollen Voraussetzungen gelten, welche die Behandlungsqualität für Patienten in den Vordergrund stellen.
  3. Einführung von definierten Leistungsgruppen: Krankenhäuser sollen zu stärker definierten Leistungsgruppen zugeordnet werden und nur noch Behandlungen aus den jeweiligen Gruppen abrechnen können. Die Qualität für Spezialeingriffe soll so gewährleistet werden.

Fazit: Die angestoßenen Reformvorschläge sind aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung. Eine werte-orientierte Versorgung (Value-Based Healthcare) ist in anderen Ländern bereits Realität und eine Anpassung unseres DRG-Systems längst überfällig. Ein kompletter Systemwechsel sind die Vorschläge zwar nicht, der Kurs für die Ära Lauterbach ist jedoch gesetzt und kann noch einige Überraschungen für uns bereit halten.

REGULARIEN

Bundestag verabschiedet Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG)

Das am Freitag (02.12.) beschlossene KHPflEG bringt zahlreiche Neuerungen vor allem für die Klinikversorgung mit sich. Im Bereich der Digitalisierung werden durch das Gesetz Themen wie eGK und ePA, Telemedizin in Kliniken und die TI-Finanzierung stärker angegangen. Mehr

Der European Health Data Space (EHDS) geht in die erste Testumsetzung

Nachdem die EU-Kommission im Mai den Verordnungsentwurf für einen Europäischen Gesundheitsdatenraum auf den Weg gebracht hatte, startete nun ein Pilotprojekt zur Implementierung des EHDS unter Beteiligung mehrerer Mitgliedsländer. Die EU-Kommission wolle mit der Umsetzung nicht auf die Verabschiedung der EHDS-Verordnung warten. Mehr

Das Digitalgesetz soll 2023 kommen

Bei der Digital Health Conference des Digitalverbandes Bitkom stellte Lauterbach das geplante und umfangreiche Digitalgesetz für das erste Halbjahr 2023 in Aussicht. Neuerungen beim eRezept solle es aber schon vorher geben. Mehr

BfArM veröffentlicht DiPA-Leitfaden

Mit dem Leitfaden für digitale Pflegeanwendungen (DiPA) gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Herstellern und Nutzer:innen eine Zusammenfassung zu relevanten Regelungen und schafft Transparenz bzgl. des Antragsverfahrens und den Anforderungen, denen eine DiPA gerecht werden muss. Der Leitfaden wird fortlaufend angepasst und weiterentwickelt. Mehr

Regierungskommission unterbreitet Empfehlungen zur Krankenhausfinanzierung

Die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ arbeitete Empfehlungen aus, nach denen Krankenhäuser verstärkt nach medizinischem statt ökonomischem Maßstab vergütet werden sollten. Konkret solle sich die Honorierung künftig an den drei neuen Kriterien (1) Vorhalteleistungen, (2) Versorgungsstufen und (3) Leistungsgruppen orientieren. Mehr

Roadmap für Interoperabilität verabschiedet

Das Expertengremium "Interop Council" stellte in seiner öffentlichen Sitzung seinen Fahrplan für 2023 und 2024 vor. Neben einer stärkeren Nutzerorientierung sollen Probleme im Bereich der Interoperabilität aufgedeckt werden. Der Plan deckt 5 Handlungsfelder mit insgesamt 15 verschiedenen Themen ab. Dazu gehören z. B. Handlungsempfehlungen für ein einheitliches, strukturiertes Datenmodell für den Kommunikationsdienst KIM. Mehr

PICK OF THE WEEK

Der „KI-Readiness-Check“ für Deutschlands Krankenhäuser

Bildquelle: SmartHospital.NRW / Whitepaper

Seit Kurzem haben Krankenhäuser in Deutschland die Möglichkeit mit Hilfe eines Self-Assessment-Tools kostenfrei ihren „Smart Hospital“-Status quo zu ermitteln und Hilfestellung zur Weiterentwicklung zu erhalten. Entwickelt wurde dieses Tool vom Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) sowie weiteren Kooperationspartnern des KI.NRW-Flagship-Projekts SmartHospital.NRW.

Nachdem bereits der Reifegrad von Kliniken analysiert wurde, liefert ein ergänzendes Whitepaper „Bereit für das Smart Hospital?“ erste Handlungsorientierungen, wie Krankenhäuser smarter werden können.

Der KI-Readiness-Check deckt die sechs Dimensionen Technik, Organisation, Daten, Personal, Strategie und Sicherheit ab und analysiert auf Basis eines 3-Stufen-Systems, wie ausgeprägt die „KI-Readiness“ ist. Auch individuell relevante Handlungsfelder werden über das Tool erfasst, wodurch Häuser gezielt Impulse für Verbesserungsmaßnahmen erhalten.

Um den Check durchzuführen sind Kenntnisse aus den Bereichen IT-Leitung, System- und Anwendungslandschaft, (Digital-)Strategie, Datenmanagement, Personalentwicklung, Innovationsmanagement und Informationssicherheit sinnvoll. Zudem dient er zur reinen Selbstevaluation. Die Ergebnisse werden daher nicht miteinander verglichen und auch nicht veröffentlicht.

Weitere Infos und wie Ihr am KI-Readiness-Check teilnehmen könnt, findet Ihr hier.

Den gesamten Newsletter mit Presseschau und einem Überblick der Finanzierungsrunden im Digital Health Startup Markt findest Du hier.
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