Lauterbachs Digitalisierungs­strategie

Sep 16, 2022
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Bundesministerium für Gesundheit

BRAINWAVE INSIGHTS

Startschuss für Lauterbachs Digitalisierungsstrategie

Im April kündigte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach auf der DMEA die Ausarbeitung einer neuen Digitalisierungsstrategie an. Seitdem wartete die Digital Health Szene gespannt den Sommer ab. Vergangenen Mittwoch (07.09.) fand nun die Auftaktveranstaltung des BMGs zur Erarbeitung der Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege statt. Was es damit auf sich hat und was wir in den kommenden Monaten erwarten können, haben wir für Euch zusammengefasst:

Die "Digitalstrategie Deutschland"

Die Digitalisierungsstrategie des BMGs ist Teil der Digitalstrategie Deutschland, welche am 31. August 2022 verabschiedet wurde. Diese Strategie wurde von allen Ministerien gemeinsam erarbeitet und bildet die Digitalisierungsvorsätze der aktuellen Legislaturperiode ab. Bis 2025 sollen alle Resorts die gesteckten Ziele umgesetzt haben. Im Gesundheitswesen sollen bspw. 80 Prozent der gesetzlich Versicherten eine ePA haben. Neben den Zielen wurden bereits Rahmenbedingungen und Voraussetzungen erarbeitet, um den Weg für eine erfolgreiche Umsetzung zu ebnen. Die Bundesregierung strebt an, Deutschland zu einem Vorreiterland im Bereich Digital Health zu machen. Digitale Anwendungen sollen barrierefrei sein und zur gesundheitlichen Chancengleichheit beitragen. Insgesamt sollen sowohl die Gesundheitsversorgung als auch die Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal verbessert werden.

Die Auftaktveranstaltung des BMGs

Aufgabe des BMGs ist es nun eine detaillierte Strategie für die digitale Zukunft des Gesundheitswesens zu entwickeln. Im Zentrum der Strategie steht neben der Lösung von Versorgungsproblemen auch die Sichtweise aller Akteur:innen. Deshalb will das BMG den Prozess zur Erarbeitung der Strategie partizipativ gestalten und die Beteiligten des Gesundheitswesens aktiv miteinbeziehen. Dies soll u.a. durch eine Online-Befragung gewährleistet werden, an welcher noch bis zum 28. September 2022 teilgenommen werden kann. Nach der symbolischen Auftaktveranstaltung Anfang September steht nun die Bildung von acht Fachforen an. Die folgende Tabelle des BMGs gibt eine methodische Übersicht über den Strategieprozess:

Bildquelle: BMG

Eine Vorstellung der Strategie ist für das Frühjahr 2023 geplant. Unklar bleibt aktuell jedoch, welche Expert:innen konkret bei der Entwicklung zu Rate gezogen werden. Aus den Reihen der Pflege und Ärzteschaft besteht nach wie vor die nachdrückliche Forderung, diejenigen, welche die Technologien tatsächlich anwenden, unbedingt miteinzubinden. Gegenüber Handelsblatt Insight kritisierte der Bitkom-Referent für Health und Pharma, Malte Fritsche, nicht nur die Ungenauigkeit des vorgelegten Zeitplans, sondern auch die unklare Gestaltung der Expert:innen-Workshops.

Fazit: Das Vorgehen des BMGs wirkt auf den ersten Blick nachvollziehbar. Entscheidend ist aus unserer Sicht jedoch, wie die gesteckten Ziele erreicht werden sollen. Eine Nutzungsrate der ePA von 80 Prozent ist ein extrem ambitioniertes Ziel, wenn man bedenkt, dass wir knapp zwei Jahre nach Einführung der ePA nicht einmal 1 Prozent erreicht haben. Nach jahrelangem Stillstand in der Digitalisierung können in einer Legislaturperiode allerdings auch keine Berge versetzt werden.

REGULARIEN

Cloud-Anbieter aus den USA darf deutsche Gesundheitsdaten verarbeiten

Nachdem die Vergabekammer Baden-Württemberg dem Unternehmen Recare die Zusammenarbeit mit der europäischen Tochtergesellschaft eines US-Cloud-Anbieters untersagte, kippte nun das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe dieses Urteil. Öffentliche Auftraggeber dürften sich darauf verlassen, wenn Anbieter versichern, Daten ausschließlich in Deutschland zu verarbeiten. Mehr

BfArM stellt neue DiGA-Prüfkriterien vor

Hersteller von digitalen Gesundheitsanwendungen müssen künftig mittels neuer Zertifikate nachweisen, dass ihre Apps datenschutzkonform sind. Grundlage dieser Zertifikate werden die neuen Prüfkriterien für die Anforderungen an den Datenschutz bei DiGAs sein. Perspektivisch werden diese Anforderungen auch auf digitale Pflegeanwendungen (DiPAs) übertragen. Mehr

eAU für Kassenpatient:innen über Telemedizin möglich

Bisher konnten Ärzt:innen in einer Videosprechstunde nur private Krankschreibungen ausstellen. Der Telemedizinanbieter Zava ermöglicht eAUs seit Kurzem auch für Kassenpatient:innen. Ab 2023 sollen Krankschreibungen vollständig digital abgewickelt werden, so der gesetzliche Plan. Mehr

eRezept Rollout startet in Westfalen-Lippe

Zum 01. September begann die stufenweise Einführung des digitalen Rezeptes, bei der in Westfalen-Lippe ca. 250 Praxen mitmachen. Patient:innen dieser Praxen erhalten einen Code auf ihr Smartphone, mit welchem sie ihre Rezepte digital in Apotheken einlösen können. Mehr

Fotofunktion für eRezept-Einlösung in gematik-App geplant

Da das NFC-Registrierungsverfahren die Hürden zur Einlösung eines eRezeptes nicht gerade reduziert, will die gematik für das zweite Halbjahr 2023 einen neuen Weg ermöglichen Rezepte digital einzulösen. Die Foto-Funktion von Apps wurde aufgrund von Datenschutzproblemen kritisiert, weswegen dieser Schritt der gematik auf Verwunderung stößt. Mehr

Telemedizin in Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie wieder möglich

Nachdem Ende März die Corona-Sonderregelungen ausgelaufen waren, einigte sich der GKV-Spitzenverband mit den Berufsverbänden auf eine Übergangsvereinbarung für die Videobehandlung. Ein fließender Übergang in die Regelversorgung sei nicht möglich gewesen, weil einer der vier Berufsverbände dem Vertragsentwurf nicht zustimmte. Diesbezüglich läuft aktuell ein Schiedsverfahren. Mehr

N-Ident-Verfahren steht Startups kostenfrei zur Verfügung

Das in Apotheken etablierte Verfahren, um sich sicher für das EU-Fälschungsschutzsystem Securpharm zu identifizieren, erweitert seine Funktionen und bietet Apotheken die Möglichkeit sich auch bei anderen Diensten anzumelden. So können z.B. die Onlinedienste von Noventi genutzt werden. Mit „N-Connect-Free“ können Startups und kleine Apotheken das Angebot kostenfrei nutzen. Die unkomplizierte Verwendung externer Angebote ist für Apotheken wichtig, um Kund:innen den bestmöglichen Service bieten zu können. Mehr

DIGITAL HEALTH REPORT

Europäische Digital Health Finanzierungsrunden H1 2022 (Auswahl)

Bildquelle: Brainwave Hub / Digital Health Report

Sinkendes Digital Health Funding & französische Startups prägen das EU-Bild

  • Für deutsche Digital Health Startups sinkt das Fundingvolumen in 2022 deutlich: In 46 Runden konnten rd. $ 330 Mio. eingesammelt werden, 14 Runden blieben „undisclosed“. Dies entspricht 75 % des Finanzierungsvolumens aus dem ersten Halbjahr 2021 - also einen Rückgang von 25%. Im Vergleich zum Vorjahr ist auch die durchschnittliche Dealgröße von $ 19,1 Mio. auf $ 10,3 Mio. gesunken.
  • Das deutsche Gesamtfunding wird im ersten Halbjahr weniger von einzelnen Deals getrieben, somit machen die Top 3 Finanzierungsrunden nur noch 40 % des Gesamtfundings aus (vs. 60 % im Vorjahr).
  • Die größte Finanzierungssumme sammelte das Genomdiagnostik-Unternehmen Centogene in zwei Post-IPO-Runden ein (in Q1). Dicht darauf folgt auf dem zweiten Platz die Online-Klinik Avi Medical mit einer Series B (in Q2).
  • Im Rampenlicht des Finanzierungsgeschehens des ersten Halbjahres steht jedoch Frankreich und die erfolgreiche $ 548 Mio. Series F-Runde des französischen Unicorns Doctolib. Etwa 46 % des europäischen Gesamtfundings ist in französische Startups geflossen. Frankreich verdrängt damit den langjährigen Spitzenreiter UK vom ersten Platz.

Hier geht es zum ganzen Report!

PICK OF THE WEEK

Die Charité denkt Gesundheit neu und blickt mit ihrer Strategie „Charité 2030“ in die Zukunft

Während eines einjährigen Prozesses entwickelte die Charité eine Strategie 2030, um die Gesundheitsversorgung werteorienteiert weiterzuentwickeln.Kern dieser Strategie ist die Vision der Charité zur Medizin der Zukunft. Menschen sollen in allen ihren Dimensionen betrachtet (Human Ecosystem), interdisziplinär und integrativ behandelt (Exploring Boundaries) und wissenschaftlich fundiert versorgt werden (Based on Science).

Der Standort Berlin ermöglicht es der Charité, innovative Startups und zahlreiche Kooperationspartner an der Schnittstelle von Forschung und Wissenschaft zu vernetzen.Drei Entwicklungen sind im Bereich der Digitalisierung von besonderer Relevanz:

  1. Die Verwendung digitaler Technologien wird zur Grundlage von Innovation und Qualität in Diagnostik und Therapie
  2. Die Entkopplung von Ort und Person wird digitale Behandlungsformen als dritte Säule neben der ambulanten und stationären Versorgung etablieren
  3. Die nationale Gesundheitsversorgung und die internationale Wissenschaft werden durch Critical Mass- und Plattform-Effekte von starken Veränderungen und Markteintritten globaler Technologiekonzerne geprägt sein, wobei sich langfristig monopolistische Strukturen oder Netzwerkverbünde durchsetzen werden

Hier kommt Ihr zur Strategie Charité 2030.Happy reading :)

Den gesamten Newsletter mit Presseschau und einem Überblick der Finanzierungsrunden im Digital Health Startup Markt findest Du hier.
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