Startschuss für Digitalgesetze

Jun 30, 2023
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iStock/ Iván Jesús Cruz Civieta

BRAINWAVE INSIGHTS

Startschuss für Digitalisierungssprint

Die Gesetzesentwürfe schossen in den letzten Wochen wie Pilze aus dem Boden. Darunter waren auch die beiden heiß ersehnten Gesetze aus der Digitalisierungsstrategie, welche das BMG im März ankündigte. Zusätzlich gab es Updates zu gleich zwei weiteren Initiativen. Die Digital Health Szene arbeitet sich bereits durch die zahlreichen Seiten, um die konkreten Vorschläge zu verstehen. Für einen ersten Überblick haben wir die wesentlichen Inhalte zusammengefasst.

(1) Digital-Gesetz

Die 142 Seiten des Referentenentwurfs zum Digital-Gesetz (DigiG) beinhalten viele der bereits angekündigten Inhalte aus März. Klarer Fokus sind ePA, eRezept und DiGAs.

  • Die ePA soll zur Austauschplattform zwischen Leistungserbringern und Versicherten weiterentwickelt werden. Teil davon sind die Einführung eines Opt-Out-Verfahrens sowie die Integration des digital gestützten Medikationsprozesses, der elektronischen Patientenkurzakte (ePKA) und Labordaten-Befunde.
  • Das eRezept soll einfacher zugänglich gemacht werden. Deshalb soll es künftig auch mit den ePA-Apps genutzt werden können. Dazu sollen die Login-Komponenten (digitale Identitäten, NFC-fähige eGK) aus der eRezept-App bestellt werden können.
  • Die DiGAs sollen ausgebaut werden und auch Medizinprodukte höherer Risikoklassen beinhalten können. Des Weiteren soll die Preisgestaltung stärker an Erfolgskriterien ausgerichtet werden. Eine kontinuierliche Erfolgsmessung im Realbetrieb wird verpflichtend und muss veröffentlicht werden.
  • Versicherte erhalten Anspruch auf assistierte Telemedizin in Apotheken. Außerdem soll die Begrenzung der Videosprechstunden auf 30 Prozent aufgehoben werden.

(2) Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG)

Das GDNG ist das zweite der angekündigten Gesetze aus der Digitalisierungsstrategie. Gesundheitsdaten sollen besser nutzbar gemacht werden und Deutschland auf den Europäischen Gesudheitsdatenraum (EHDS) vorbereitet werden.

  • Eine nationale Koordinierungsstelle soll beim BfArM eingerichtet werden. Sie soll als Vermittlerin zwischen Anbietenden und Nutzenden von Gesundheitsdaten fungieren. Näheres soll eine noch zu erlassende Verordnung regeln.
  • Daten aus dem Forschungsdatenzentrum für Gesundheit (FDZG) und dem Krebsregister sollen auf personenebene verknüpft werden. Auch hier soll eine Rechtsverordnung die Details klären.
  • Kassen dürfen Daten zum individuellen Gesundheitsschutz ihrer Versicherten auswerten und diese dann individuell ansprechen, um auf konkrete Gefährdungen aufmerksam machen.  
  • Forschende sollen ein Zeugnisverweigerungsrecht in Bezug auf Gesundheitsdaten erhalten.
  • Der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) soll mehr Zuständigkeiten erhalten und Stellen beaufsichtigen, die Sozialdaten verarbeiten.


(3) GVSG

Das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG) hat weniger mit Digitalisierung zu tun und fokussiert sich auf die Einführung von Gesundheitskiosken und die Änderung institutioneller Regelungen.

  • Gesundheitskioske sollen Menschen gleiche Chancen auf Beratung und Vermittlung von Angeboten der Prävention bieten. Die Kioske sollen regional auf die Bedürfnisse der Kommunen angepasst werden. Jährlich werden ca. € 400T für den Betrieb eines Kiosks kalkuliert. 80 Prozent sollen dabei für Personalausgaben und 20 Prozent Sachausgaben anfallen.
  • Laut dem Entwurf soll die Rechtsgrundlage für Primärversorgungszentren geschaffen werden. Dieses besondere hausärztliche Versorgungsangebot richtet sich an ältere und multimorbide Patient:innen und soll mit Kiosken und Fachärzt:innen kooperieren.
  • Die Pflegeberufe erhalten Einzug in den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Sie erhalten ein Antrags- und Mitberatungsrecht für Pflegethemen.
  • Die GKVen werden verpflichtet jährlich ein Reporting mit einheitlichen Kennzahlen über ihre Service- und Leistungsqualität zu veröffentlichen.


Brainwave Fazit: Nach dem Innehalten der letzten Monate geht es wieder weiter mit den Digitalinitiativen aus dem BMG. Toll, dass fast alle Punkte der Digitalstrategie ihren Weg in den Referentenentwurf gefunden haben. Inhaltlich werden viele wichtige und teils längst überfällige Punkte angegangen. Die Ecken und Kanten von ePA, eRezept und Co. sollen glatt geschliffen und in ein übergreifendes Ökosystem verwandelt werden. Außerdem wird die Nutzung von Gesundheitsdaten auch auf europäischer Ebene vorausschauend geplant. Es bleibt zu hoffen, dass die Entwürfe schnell in die Umsetzung kommen und im Laufe der Überarbeitungen nicht an Durchschlagkraft verlieren.

REGULARIEN

Der Referentenentwurf für das Digital-Gesetz (DigiG) ist da

Das DigiG soll zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens beitragen und legt den Schwerpunkt auf Themen wie die ePA und Videosprechstunde. Konkrete Vorhaben sind u.a. die Abschaffung der 30 %-Grenze der Videosprechstunde, ein ePA-Opt-Out, die Integration des eMedikationsplans in die ePA sowie die Einführung der eID. Mehr

Das BMG veröffentlicht den Entwurf zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG)

Das GDNG soll den Zugang zur Nutzung von Gesundheitsdaten zu Forschungs- und Innovationszwecken vereinfachen. Geplant ist u.a. eine Koordinierungsstelle, die den Datenzugang reguliert. Das Gesetzt soll im Januar 2024 in Kraft treten. Mehr

eRezept-Rollout startet vor dem 01. Juli

Die gematik verkündet am 22. Juni, dass die Umsetzung des eRezeptes ab sofort bundesweit beginnen soll. Somit können eRezepte über die eRezpet-App, den QR-Code und die eGK eingelöst werden. Mehr

TI-Pauschalen für niedergelassene Ärzt:innen steht fest

Das BMG hat die monatlichen Pauschalen für den Anschluss und den Betrieb an die TI festgelegt. Die Gesamtsumme orientiert sich an den Kosten der bisherigen Finanzierungsvereinbarungen, wodurch i.d.R. alle entstehenden Kosten erstattet würden, so das BMG. Mehr

Krankenkassen werden bei DiGA-Verschreibung in ihre Schranken verwiesen

Das Bundesamt für Soziale Sicherung informiert alle bundesmittelbaren Krankenkassen über die geltende Therapiehoheit der Ärzt:innen. Kassen dürfen Versicherten somit keine günstigere Alternative zur verschriebenen DiGA anbieten. Mehr

Die Telefon-AU kommt zurück

Diese Corona-Sonderregelung lief zum Ende der Pandemie aus und wird nun für bestimmte Erkrankungen, wie leichte grippale Infekte, wieder eingeführt. Mehr

Das BMG legt einen Verordnungs-Entwurf für eRezept-Schnittstellen vor

Der Entwurf sieht vor, dass Verordnungsdaten im Rahmen des eRezepts neben Praxen und Apotheken auch mit Drittanbietern geteilt werden können. Zudem können eRezept-Daten automatisch mit ausgewählten Empfängern über eine selbstbestimmte Dauer geteilt werden. Mehr

PICK OF THE WEEK

Der Future Health Index 2023 ist da!

Royal Philips erhebt seit 2016 Studien, die aufzeigen, wie die Herausforderungen des Gesundheitswesens von verschiedenen Ländern angegangen werden. Weltweit nahmen rund 3.000 Befragte aus 14 Ländern teil, aus Deutschland insgesamt 200 Führungs- und jüngere Fachkräfte.

Die obersten Prioritäten im Gesundheitswesen sind Technologien, Patientennähe und Partnerschaften.

Deutsche Führungskräfte setzen auf die in Abb. 1 aufgezeigten Schwerpunkte, wenn es um die Zukunft des Gesundheitswesens geht.

Bildquelle: Future Health Index 2023 / Webseite

Darüber hinaus plant mehr als die Hälfte der deutschen Befragten heute und auch in Zukunft in die virtuelle Versorgung zu investieren (Abb. 2).

Bildquelle: Future Health Index 2023 / Webseite

Der vollständige Report mit weiteren spannenden Insights aus Deutschland steht auf der Webseite des Philips Future Health Index zur Verfügung.

Die Gesamtergebnisse aus allen 14 Ländern sowie Infos zur Methodik der Studie findet Ihr hier.

Happy reading! :)

Den gesamten Newsletter mit Presseschau und einem Überblick der Finanzierungsrunden im Digital Health Startup Markt findest Du hier.
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